Entlang der Via Alpina

Sent (GR): das Val Sinestra Tal und das Giacometti-Museum

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Den 3. August 2022

Im sonnenverwöhnten Dorf und durch die wilde Natur im Val Sinestra

Gestern bin ich zeitlich abgereist aus Küblis und nahm den Zug von 10.14 Uhr der mich durch den Vereinatunnel um 11.15 Uhr nach Scuol brachte. Dort nahm ich das Postauto nach Sent. Ich hatte für zwei Nächte ein interessantes Hotel gebucht, das Pensiun Aldier Hotel. Vom Dorfplatz, Plaz, wo das Festzelt für die Feierlichkeiten des Nationalfeiertages am 1. August noch aufrechtstand, waren es nur wenige Schritte zum Hotel, in einem alten, eleganten Gebäude. Ich war viel zu früh für den Check-in, deshalb setzte ich mich hin auf die Terrasse mit Blick auf einem schönen Garten wo gerade der Rasen gemäht worden war und Stockrosen farbenfroh blühten. Das Glas Holunderlimonade schmeckte mir gut bei diesen hohen Temperaturen!

In den Gewölbekellern des Hotels ist ein Museum eingerichtet worden das dem schweizerischen Künstler Alberto Giacometti (1901–1966) gewidmet ist, der beim grossen Publikum vielleicht am besten bekannt ist für die langgezogenen, hageren Figuren aus Metall mit den Klumpfüssen, aber der so viel mehr kreiert hat als das: hier liegt der Schwerpunkt auf seine Radierungen und Zeichnungen. Der Name des Hotels ist nicht ein bedeutungsvolles Wort auf Romanisch, sondern ein Akronym von Alberto–Diego–Ernest (Scheidegger). Diego Giacometti (1902–1985) ist der jüngere Bruder von Alberto und ist immer sein treuer Gefährte gewesen, obwohl er selbst sehr talentiert war, vor allem im Kreieren von Tierfiguren. Der Schweizer Ernst Scheidegger (1923–2016) ist ein gefeierter Fotograf der ein jahrelanger Freund von Alberto und Diego war und der viele ikonische Bilder von vor allem Alberto gemacht hat. Das Hotel atmet Kultur und Kunst!

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Sent (GR): Blick auf die Pensiun Aldier, das Hotel wo auch das Giacometti-Museum ist
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Sent (GR): Blick von der Terrasse der Pensiun Aldier auf den Garten

Als ich zu meinem Zimmer konnte war dort auch viel Aufmerksamkeit für Kunst: z.B. hatte man für mich als Willkommensgeschenk ein Buch mit Festeinband hingelegt einer modernen italienischen Autorin, auf Deutsch übersetzt. Wann bekommt man noch ein Buch geschenkt! Ich habe angefangen zu lesen – das Buch ist gut… Im ersten Stock ist ein Aufenthaltsraum mit wunderschönen Ledersesseln. Der Aufenthalt dort ist angenehm – um sich hin zu setzen nach einer langen Wanderung oder zum Lesen wenn es mal regnet. Das kann im Engadin auch mal passieren!

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Sent (GR): im ersten Stock des Pensiun Aldier Hotels ist ein gemütlicher Aufenthaltsraum

Es gibt eine Flügeltür zum Balkon der aussieht auf den Garten, aber auch aufs Dorf Sent, die filigrane Turmspitze der reformierten Kirche und den Piz Pisoc (3.173m. ü.M.) in der Ferne. Im selben Stock ist auch ein Fenster das in Richtung von Österreich sieht. Der Piz S-chalabert (3.031m ü.M.) ist teilweise sichtbar und weiter die Berge stromabwärts des Inns. An der Südseite dieser Gebirgskette liegt Italien mit der Autonomen Provinz Südtirol.

Heute Morgen konnte ich nach einem reichhaltigen Frühstück mit regionalen Produkten und gutem Kaffee meine Wanderung anfangen: ich möchte durch das wilden Val Sinestra Tal gehen über den westlichen Berghang. Ich hatte den östlichen Berghang, von Vnà zum Gasthof Zuort, mehrmals gewandert (u.a. am 22. Juli 2018) und die Aussicht über das tiefe Tal geniessen können, wo unten der Bergbach Brancla fliesst. Schon rasch an der Ostseite des Dorfes fängt die Wiesenlandschaft an mit auch hier wieder die wunderschöne Aussicht nach Süden.

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Östlich von Sent (GR): Blick auf die Berge am rechten Ufers des Flusses Inn, u.a. auf den Piz Lischana, den Piz Ajüz und den Piz-S-chalabert

Sent ist immer ein wohlhabender Ort gewesen, bestimmt auch als die nach Italien emigrierten und dort reich gewordenen Patissiers – die auch „Zuckerbäcker“ genannt werden oder „Randolins“, Schwalben – und in Sent Häuser erbauen liessen wo sie während der Sommermonate wohnten. Diese Häuser haben oft eine italienische Ausstrahlung mit schwungvollen Dächern. Es stehen natürlich auch noch viele Häuser im Engadiner Baustil.

Was auch auffällt sind die immer noch bestehenden von Bäumen umsäumten Alleen um Sent. Nicht nur des Reichtums wegen den die Randolins mitbrachten, sondern auch durch den Aufschwung des Tourismus in und um Sent wurden die Zufahrtstrassen von Scuol nach Sent und von Sent ins Val Sinestra mit Alleebäumen bepflanzt. Dazu nahm in den Jahren 1879–1920 ein gemeinnütziges Komitee das Initiativ: vor allem der Weg von Sent ins Val Sinestra war eine bevorzugte Wanderroute. Unter den Bäumen konnte man dann angenehm im Schatten flanieren. Auch heutzutage werden die Alleen in Stand gehalten, obwohl es sehr kostenspielerisch ist. Auch werden Anforderungen gestellt in Sache Verkehrssicherheit. Trotzdem sieht es ganz schön aus!

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Sent (GR): Blick auf die Berge am rechten Ufer des Inns und die Allee ins Val Sinestra die 1920 an beiden Seiten eingepflanzt worden ist mit Bäumen um einen schattenreichen Spaziergang zu bieten

Während die Feriengäste eine schöne Wanderung zwischen den Wiesen geniessen, müssen die Bauern ganz normal weiter arbeiten: hier steht am Anfang einer Wiese östlich von Sent ein Einachser mit Mähbalken gebrauchsfertig. Für die Arbeit auf dem immerhin steilen Hang ist extra Grip gefragt: zusätzliche Metallreifen mit langen „Spikes“ sind an den normalen Rädern montiert worden.

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Östlich von Sent (GR): Blick auf eine Wiese und einen Einachser mit Mähbalken und extra Rädern aus Metall mit Spikes für Griff auf den steilen Hängen

Ich war heute auf dem Weg ins Val Sinestra, ein Tal an der linken Seite des Haupttales des Engadins – an der anderen Seite liegt das Val d’Uina Tal, das beim Weiler Sur-En ins Engadin führt und eine schwer zugängliche Verbindung bildet zwischen diesem Tal und dem Vinschgau bei Mals. Von dieser Stelle östlich von Sent sieht das Tal tatsächlich ziemlich unberührt aus!

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Östlich von Sent: Blick nach Südosten auf das wilde Val d‘Uina Tal das eine Verbindung bildet mit dem Vinschgau in Südtirol

Ein wenig weiter auf dem Weg kommt ein Hang oberhalb des nächsten Dorfes am Inn, Ramosch, in Sicht. Hier fallen die Ackerbauterrassen auf, die errichtet worden sind gegen den Südhang. Aus der Ferne sind diese Ackerbauterrassen gut sichtbar, in Sommer, aber bestimmt auch im Winter. Gegen diese Hänge wurde schon seit der frühen Bronzezeit Getreide angebaut: an Hand von Bohrungen in Bodensedimenten sind Pollen von Getreide aus 2200 bis 2000 vor Chr. aufgefunden worden. In jener Zeit gaben die Menschen ihr Nomadenleben auf und liessen sich nieder. Wiesen und Äcker wechselten einander ab. Weil die Berghänge steil waren, entstanden immer mehr Terrassen worauf Gewächse angebaut wurden. Im vergangenen Jahrhundert verschwand die Interesse für diese Art von Landschaft wegen der Vergrösserung in der Landwirtschaft: viele Äcker wurden umgesetzt in Wiesen. Heutzutage werden die Ackerbauterrassen betrachtet als altes Kulturgut und sind Teil des „Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung“, einer Liste die von den Schweizer Behörden zusammengesetzt worden ist mit besonderen und typisch schweizerischen Landschaften, die Schutz brauchen. Seit 2009 strengen örtliche Behörden und Bauern sich an um diese Landschaftselemente in Ramosch für die Zukunft zu erhalten, nicht nur mit Bezug auf die Biodiversität die entsteht in solch einer Landschaft wegen der Hecken, des Gestrüpps, der Trockenmauern usw., sondern auch für den Tourismus.

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Östlich von Sent: Blick von der westlichen Seite des Val Sinesta Tales auf die geschützten Ackerterrassen oberhalb von Ramosch
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Oberhalb von Ramosch: Blick auf die geschützten Ackerterrassen östlich vom Dorf im Winter (25. Dezember 2017)

Es war schon ziemlich heiss in der Sonne – deshalb war ich froh dass der Weg nach Norden abbog, ins Val Sinestra. Der Name bedeutet wörtlich „Tal an der linken Seite”: es ist ein Seitental an der linken Seite des Inntales. Der Bach der durch das Tal fliesst ist der Brancla: der Bach ist 16 Kilometer lang und bildet über seine ganze Länge auch die Grenze zwischen den Gemeinden Scuol im Westen und Valsot im Osten. Dieser Bach heisst erst Brancla in der Nähe des Hotels Val Sinestra, nachdem viele kleinere und grössere Bächlein zusammengeflossen sind. Der Bach entspringt im Berggebiet nördlich des Engadins, wo auch die Grenze zwischen der Schweiz und Österreich (Bundesland Vorarlberg) verläuft. Im südlichen Teil des Val Sinestra Tales fliesst der Bach durch eine dicht bewaldete Schlucht. Der Schotterweg worüber auch das Postauto von Scuol und Sent zum Hotel fährt, führt halbwegs des Berghanges und bietet wunderschöne Aussichten auf den östlichen Berghang – mit dem Bergdorf Vnà und dem Wanderweg der schlussendlich zum kleinen Weiler Hof Zuort führt. Es war interessant um mal an der anderen Seite des Tales zu gehen!

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Im Val Sinestra Tal (GR): Blick vom westlichen Berghang auf den östlichen Berghang des Piz Arina (2.828m. ü. M.) wo der Weg nach Hof Zuort verläuft
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Im Val Sinestra Tal (GR): Blick auf das Bergdorf Vnà an einer sonnigen Stelle an der linken Seite des tiefen Tales

Irgendwann kam ein gigantischer Erdrutsch in Sicht: hier was im Laufe der Jahre der lockere Boden weggespült worden von Regen und schmelzendem Schnee. Auch waren schon Erdpyramiden entstanden. Die Kiefern die am Rand dieses Abgrundes standen schienen noch festen Boden unter den Wurzeln zu haben! Eine kräftige stählerne Brücke war erbaut worden über den schmalen Bach und den breiten Streifen mit lockerer Erde: im Verhältnis zu Gebiet des Erdrutsches sah die Brücke ziemlich nichtig aus, aber nicht länger wenn man sie überquert!

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Im Val Sinestra Tal (GR): auf dem Weg zum Hotel Val Sinestra hat es vor langer Zeit einen gewaltigen Erdrutsch gegeben!

Nicht lange nachdem ich das kleinere Berghaus Val Sinestra passiert war, kam ich beim grossen Hotel Val Sinestra, das heute ein Hotel ist, aber 1904 erbaut worden ist als Kurhotel: hier gibt es Mineralwasserquellen wovon das Wasser so viel Arsen enthält dass es nicht getrunken werden kann/darf! Dementgegen wurde das Wasser genutzt für das Baden: das arsenhaltige Wasser hat eine günstige Auswirkung auf Haut-, Geschlechts- und Blutkrankheiten, und auch bei Gelenkbeschwerden. Die Quellen sind genannt worden nach den Gründern des Kurhotels, wie die Ulrichquelle bei der Brücke über den Brancla. Auf der Informationstafel steht dass es noch zwei weitere Quellen gibt: die Eduardquelle und die Adolfquelle. Früher stand auch noch eine Trinkhalle in der Nähe, aber sie ist im Laufe der Jahre von Naturgewalt zerstört worden. An den rostbraunen Verfärbungen der Steine im Bach ist zu sehen dass das Wasser auch Eisen enthält. Ich hielt mich fern vom Hotel das ein wenig bedrohend über mich hinaufragte und überquerte die Brücke des rauschenden Brancla Baches zum anderen Ufer. Bis zwei Mal wurde verwiesen zur Hängebrücke über die Schlucht mit dem Bach und bis zwei Mal entwich ich diese Wahl…

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Im Val Sinestra Tal (GR): Blick nach norden auf den Brancla Bach der entlang dem Hotel fliesst

Mein Ausweichmanöver zur Brücke führte mich über ein schmales, aber angenehmes und beschattetes Waldweglein ohne viele Hindernisse – hatte ich gedacht! Hier und da lagen gefallene Bäume quer über den Pfad, wo ich leicht herum oder hinüber gehen konnte. Dann tauchte auf einem Mal ein steiler Fels auf, der den einfachen Pfad schroff blockierte. Es gab schon Stufen im Felsbrocken und dazu waren auch Ketten an der hochragenden Felswand befestigt worden! Mit einer Wendigkeit worüber ich mich irgendwie staunte, kletterte ich, mit Hilfe der Ketten, gegen jenen steilen Fels hinauf. 1-0 für mich!

Entlang den Hängen und dem Pfad blühte und wuchs viel Schönes, aber was jedoch richtig ins Auge sprang war eine Gruppe Wollkopf-Kratzdisteln (Cirsium eriophorum). Obwohl die Pflanze ihrer Grösse und ihres Gewichts wegen geknackt und zum Boden gestürzt war, lagen dort fünf grosse tiefviolette Blumen die in voller Pracht blühten! Wieder ein kleines Glücksmoment…!

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Im Val Sinestra Tal (GR): an einer sonnigen, feuchten Stelle wachsen und blühen Wollkopf-Kratzdisteln (Cirsium eriophorum)

Vom Waldweg am Osthang hatte ich immer wieder schöne Fernblicke auf das wilde, verlassene Val Sinestra – das grosse Hotel schien jetzt ganz klein. Hinter dem Hotel liegt die tiefe Schlucht wodurch das Bächlein Aval Ruinas fliesst, bevor es in den Brancla Bach mündet.

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Im Val Sinestra Tal (GR): Blick vom Osthang auf das wilde Val Sinestra Tal mit der tiefen Schlucht des Aval Ruinas Bächlein das aus dem Nordwesten zum Brancla Bach fliesst

Als ich nach einiger Zeit aus dem Wald kam und die Wiesen bei Vnà erreichte sah ich nicht nur in der Ferne die grosse Wunde im Gelände die der Erdrutsch woran ich eine Stunde vorher vorbei gegangen war, hatte geschlagen, aber auch näher im Gras die ersten blühenden Herbstzeitlosen (Colchium autumnale). Die zartrosa Blumen und die goldgelben Stauden glänzten in der Sonne. Anfangs August fand ich schon etwas früh in der Saison für diese Herbstblume, aber auf einer Informationstafel näher beim Dorf wurde angegeben dass die Blütezeit von August bis Oktober ist. Diese Blumen standen angeblich an einer günstigen Stelle.

Ich brauchte jedoch noch eine halbe Stunde um Vnà zu erreichen. Das Dorf schien ausgestorben und das kleine Gasthaus hatte am Mittwoch Ruhetag. Ausserdem fand ich heraus dass der Kleinbus nach Ramosch erst um 15.00 Uhr abfuhr – ungefähr eineinhalb Stunden später. Ich machte einige Fotos von einem schönen Erker an einem alten Engadiner Haus und vom alten Kirchlein im unteren Teil des Dorfes, wonach ich zu Fuss den langen und warmen Pfad über die Wiesen und durch den Wald absteig nach Ramosch und zur Hauptstrasse mit der Haltestelle.

Nach einer langen und warmen Rückreise in einem überfüllten Postauto kam ich wieder in Sent zurück. Dort habe ich am Abend eine schmackhafte Mahlzeit genossen. In Vnà hatte ich wieder ein Schild auf einem Haus gesehen mit einem Verb auf Vallader, das Romanisch aus dieser Gegend: „giodair“, was geniessen bedeutet. Und das habe ich auch getan: als Vorspeise wurde serviert marinierte Sardellen mit Minze und Olivenöl. Ein Glas Prosecco das ich mich gegönnt hatte und das Glas Weisswein passten hervorragend dazu. Die Hauptspeise von Pasta mit Bolognesesosse von Lamm was auch sehr gut. Zum Nachtisch wählte ich einen Kugel Zitronen-Limettensorbet!

Vor dem Abendessen habe ich das Giacometti-Museum in den Gewölbekellern des Gebäudes besucht. Der Besuch an diese Keller mit ihren Kunstschätzen war bestimmt auch „giodair“ – geniessen! Als Hotelgast hatte ich immer und gratis Zugang – Besucher von ausserhalb des Hotels sollten für ihren Eintritt bezahlen und haben nur während bestimmten Zeiten Zugang. Das Museum und das Hotel in dieser Form bestehen seit 2012. Vom Hall führt eine breite Treppe wendelnd hinunter zu einem hellweiss beleuchteten, gewölbten Kellerkomplex mit an den Wänden grafischem Werk (Zeichnungen und Radierungen auf zartem Papier in Pastel- und Sepiafarben) des schweizerischen Künstlers Alberto Giacometti gegen einen dunklen Hintergrund. Diese Sammlung wurde im Laufe von 25 Jahren zusammengebracht vom Besitzer des Hotels und seiner Familie. In der Sammlung befinden sich auch einige sehr seltene Stücke, die als Probedruck und ohne Auflage gemacht worden sind. Ausserdem sind hier Bücher gesammelt von anderen Künstlern woran Giacometti beigetragen hat, wie Pablo Picasso, Marc Chagall und Georges Braque.

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Sent (GR): erster Eindruck des Giacometti Museum in den Gewölbekellern des Pensiun Aldier Hotels
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Sent (GR): Blick auf einen weiteren Saal im Giacometti-Museum in den Gewölbekellern des Pensium Aldier Hotels
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Sent (HR): Blick auf einen dritten Raum im Giacometti Museum in den Gewölbekellern des Pension Aldier Hotels

Obwohl vor allem das grafische Werk von Alberto Giacometti betont wird, hängt hier ein sonniges und farbenfrohes Porträt einer jungen Frau in einem blauen Kleid mit einem grossen Kragen und einem Strohhut. Es ist eines seiner Frühwerke: 1921 hat er dieses Porträt gemalt als er zusammenarbeitete mit seinem Vater, dem Kunstmaler Giovanni Giacometti (1868-1933) und auch noch seinen Stil (das Post-Impressionismus) kopierte. Die Haushälterin der Familie, Maria Giovanini, hat Modell gestanden für dieses Porträt.

1922 reiste Alberto ab nach Paris, wo er schlussendlich wechselte von Malen auf Bildhauen. Um 1925 fing er an immer mehr das Realistische von Objekten los zu lassen und kam er in Kontakt mit den Surrealisten. Er wurde auch bekannt in den Vereinigten Staaten, wo er 1934 in der Lage war um seine erste Solo-Ausstellung zu organisieren. Mehrere Ausstellungen sollten folgen. In den Anfang der 1930er Jahren freundete er sich an mit u.a. dem surrealistischen Künstler Salvator Dalí (1904–1989). Von ihm hängen zwei grosse Bilder, fotografiert von Ernst Scheidegger, an der Wand der Treppe die zum Museum führt. Die charakteristische gezwirbelte Moustache fällt hier schon stark auf! Das Foto daneben zeigt ihn während er aufschaut von seiner Arbeit.

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Sent (GR): an der Wand der Zugangstrappe zum Giacometti Museum im Pensiun Aldier Hotel hängen zwei Bilder von Salvatore Dalí, fotografiert von Ernst Scheidegger

In der Ausstellung ist auch viel Aufmerksamkeit den Radierungen und Lithografien gewidmet die Alberto Giacometti kreierte von Inneren von Räumen und Objekten. Es könnten bestehende Räume sein, wie seine Atelier in Paris mit einem gemütlichen Durcheinander. Manchmal sind es auch Räume mit Studien von Katzen, Hunden und Pferden – oft bestehen sie nur aus einigen Linien, aber sie sich noch immer erkennbar.

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Sent (GR): im Giacometti Museum im Pensiun Aldier Hotel hängt eine Lithographie von Alberto Giacometti aus 1951-1954 mit einem Inneren eines Zimmers mit einer Katze auf dem Tisch – der Hund und das Pferd sind stilisiert

Etwas Besonderes sind auch die arrangierten Aufstellungen, wie die Radierungen mit den statischen Flaschen und den starren Figuren – plötzlich erscheint eine Hand mit gespreizten Fingern ins Bild! Auch sich in den 1930er Jahren kreierte er eine Komposition die er „Objects mobiles et muets“ (Bewegende und stumme Objekte) nannte und wobei er seine Gedanken hierüber zwischen den Doppeltlinien der Zeichnungen notierte.

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Sent (GR): im Giacometti Museum im Pensiun Aldier Hotel hängen zwei Radierungen von Alberto Giacometti aus 1949-1950 von Objekten wie Flaschen, Skulpturen und einer Hand
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Sent (GR): im Giacometti Museum im Pensiun Aldier Hotel hängt eine Lithografie von Alberto Giacometti aus 1931 mit verschiedenen Objekten und hinzugefügten Gedanken hierüber mit dem Titel „Objects mobiles et muets“, Bewegende und stille Objekte

Alberto Giacometti hat in Laufe der Jahre zusammengearbeitet mit vielen (surrealistischen) Künstlern. In der Mitte eines der drei Saale stehen grosse flache Schaukasten mit Lithos, Radierungen und Holzschnitten von u.a. Hans (Jean) Arp (1886–1966), Fernand Léger (1811–1955), Georges Braque (1822–1963), Marc Chagall (1887–1985) und Pablo Picasso (1881–1973). Diese Arbeiten sind aufgenommen worden in einem schönen und grossen Buch. Weil sie meistens in Farbe sind, erhellen sie dadurch den Raum.

Manchmal greifte er zurück nach Themen aus dem Bergell Tal, dem Val Bregaglia, von wo er ursprünglich stammte. Deshalb gibt es eine Lithografie aus den Jahren 1957–1958 des Berges Pizzo de la Margna (3.158m ü.M.), der Teil ist der Bernina-Gebirgskette und in der Nähe des Ortes Maloja liegt. Diese Litho gefällt mir sehr.

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Sent (GR): im Giacometti Museum im Pensiun Aldier Hotel hängt eine Lithografie des Pizzo de la Margna, ein Berg bei Maloja am Begin des Bergell Tales, 1957-1958 kreiert von Alberto Giacometti
Pizzo de la Marga Bergell von Sils-Basegla
Sils im Engadin: Blick auf den Piz da la Margna im Winter
de.wikipedia.org/wiki

Er machte auch schon Selbstporträts, wie desjenige einige Jahren vor seinem Tod. Mit kräftigen „Kratzern“ hat er sein durchlebtes Gesicht gezeichnet – die Augen tief hineingesunken… Die Lithos die er im Laufe der Jahre von seiner Mutter machte sind auch rührend. Es gibt verschiedene Fassungen des Subjekts „Mutter lesend“, die eine etwas ruhiger als die andere. 1964 zeichnete er nur noch ihr Gesicht auf einem weiterhin leeren Feld.

Weiter gibt es natürlich die dünne drahtähnlichen Figuren mit den grossen Füssen, die jeder wohl kennt. Alberto Giacometti hat darüber gesagt dass er auf dieser Weise die Essenz des Menschen zeigen möchte und hat mit Vehemenz die Behauptung entkräften wollen dass die grossen Füsse deuten könnten auf seine Angst um eventuell ein Bein verlieren zu müssen einem ernsthaften Autounfall zufolge. Solch einen „Drahtmenschen“, häufig mit dem Titel „L’homme qui marche“, hat er auf Bronze gemacht, aber sie kommen auch in seinem lithografischen Werk zurück: Männer und Frauen.

Diego Giacometti wird in dieser Kunstsammlung auch nicht vergessen: im Empfangstraum des Pensiun Aldier Hotels sind einige Werke von ihm ausgestellt worden in einem Schaukasten. Eines davon ist der ganz fein auserarbeitete Rudel Hirsche aus Bronze – dieses Werk zeigt wie sehr der stille Bruder ein begnadigter Künstler und auch ein scharfer Beobachter von Tieren war.

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Sent (GR): bei der Rezeption in Pensiun Aldier steht in einem Schaukasten eine Gruppe von Hirschen aus Bronze von Diego Giacometti, dem jüngeren Brüder von Alberto Giacometti

Um 19.30 Uhr fiel das Sonnenlicht noch schön auf dem Piz S-chalabert im Südosten und erleuchtet den Berg bis weit oberhalb der Baumgrenze, bis zum kahlen Gipfel aus Bündner Schiefer. Dieses Bild bildete den Abschluss eines besonderen Tages in einem besonderen und artistischen Hotel!

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Sent (GR): am Abend fällt das Sonnenlicht auf den kahlen Gipfel des Piz S-chalambert (3.031m. ü.M.) im Südosten

1 Kommentar

  1. Oetterli Hilde

    Für die Freunde des VAL SINESTRA gibt es das hübsche Bändchen mit dem Titel VAL SINESTRA – EINE ERZÄHLUNG AUS DEM UNTERENGADIN von MANFRED VISCHER (auf Bestellung in den Buchhandlungen oder bei Amazon und Booklooker). ISBN:978-3-906273-08-2. 115 Seiten.
    Mit Empfehlung von Hilde!

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